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24.07.07

Gegen 7:30 kitzelten Andi kleine Eiskristalle in der Nase. Die Temperatur war auf gefühlte -24°C gesunken und es musste etwas passieren. Wieso zu Hölle hatte der Heißlüfter seinen Dienst eingestellt? Schlechte Bezahlung? Schlechte Verpflegung? Daran konnte es doch nicht liegen, oder doch? Nach kurzer Recherche fanden wir heraus, dass es doch an der mangelhaften Verpflegung lag. Die Kabeltrommel, die auch schon die letzten Kriegsjahre miterlebt hat, hatte sich endgültig von uns verabschiedet. Na zauberhaft. Und das bei den Temperaturen. Es hatte sich mittlerweile auch vollständig bewölkt und auf die Hilfe der Sonne konnten wir nicht bauen. Zu allem Überfluss fingen jetzt auch noch die Flugzeuge an ihrer Tätigkeit nachzugehen. Dennoch wollten wir uns nicht Kleinkriegen lassen und versuchten unseren Schlaf weiter fortzusetzen. Das klappte bis ziemliche genau 10Uhr. Da geschah es nämlich, dass 4 Jagdflugzeuge Marke „Kampfflugzeug besonders laut“ direkt über unseren Köpfen emporstiegen und wir - nein, der ganze Campingplatz augenblicklich, wie zum Appell, stramm auf den Luftmatratzen standen. Himmel! Was ist hier los? Wir wussten es nicht. Wieder russische Bomber im norwegischen Luftraum? Wir erholten uns relativ schnell von dieser akustischen Attacke, was allerdings nicht jeder von sich behaupten kann. Wir beobachteten nämlich unseren mittlerweile lieb gewonnenen Viper – Fahrer wie er mit Tränen in den Augen dastand und den Flugzeugen nachschaute. Gab es etwa Fortbewegungsmittel auf dieser Erde die mehr PS hatten als er? Selbstverständlich gab es die, und wenn er mal um unser Zelt herumgegangen wäre und den Yaris gesehen hätte, dann wüsste er das auch. Nachdem wir ihn ein wenig mit Gummibärchen getröstet hatten, hatten wir erstmal die Nase voll und beschlossen so zügig wie möglich den Platz zu verlassen.
Das Wetter in Bodo war doch eher bescheiden.
Wir fuhren nach Bodø um eine neue Kabeltrommel zu erstehen. Was mag so was kosten? 30€? Wir sollten überrascht werden. Relativ schnell fanden wir einen COOP electro Markt und gingen hinein. Unsere mittlerweile über Jahre hinweg dauernde Leidenschaft für Baumärkte lies uns sofort die Kabeltrommelecke finden und so standen wir vor der zugegebener Maßen ordentlich ausgestatteten 25m Kabeltrommel für unschlagbare 595NOK (74,40€). Nachdem wir kurz darauf wieder zu uns kamen, entschieden wir eine andere Art der Stromversorgung für die kommenden Tage einzusetzten – allerdings wollte Andi von seiner neuen Aufgabe im Laufrad partout nichts wissen. Daher besorgten wir uns für 150NOK ein 25m orange-leuchtendes Kabel mit einem banalen 3fach Stecker. Funktioniert auch. Wir flanieren noch durch Bodø und trinken in der ersten und einzigen Markpassage einen Kaffee für 15NOK das Stück. Der Norweger scheint so Köstlichkeiten wie Cappucino oder Latte Macchiato nicht zu kennen. Zu weit scheint Italien entfernt. Naja. Ein richtiger Kaffee tut uns jetzt auch am Besten.

Wir setzten unsere Fahrt relativ schnell fort, da Bodø nicht wirklich schön ist und auch sonst keine touristischen Highlights zu bieten hat.
Die kleinste Shell-Tankstelle der Welt in Bodo.
Wir fahren die E6 weiter Richtung Fauske und von dort aus direkt weiter nach Rognan wo wir uns einen Campingplatz direkt am Fjord ausgeguckt haben. Es ist erst 14h und wir wollten heute früher aufbauen und ein wenig die Beine und die Seele baumeln lassen (*Poetismus aus*) (offen bleiben soll hier die Frage ob es so was wie „Poetismus“ überhaupt gibt.)

Leider öffnet der Campingplatz erst um 15h seine Pforten uns so bleibt uns eine Stunde die Gegend und die Stadt, sowie das Blodveimuseeum zu besuchen. Tatsächlich wurde im 2ten Weltkrieg die E6 in Nord-Norge von serbischen und russischen Kriegsgefangenen unter deutscher Besatzung erbaut. Die menschenunwürdigen Verhältnisse und die hohe Zahl der Opfer wird in einem kleinen Museum in Rognan dokumentiert. Die Stadt Rognan an sich hat nicht allzu viel zu bieten und zeigt sich uns gegen 14:20h eher in Form einer Geisterstadt, pardon einem Geisterdorf. Dennoch besuchen wir alle 1 ½ touristischen Highlights und führen ein- zwei Telefongespräche mit der zentralen ortseigenen Telefonzelle. Endlich. Es ist 15h. Wir kehren auf den Campinplatz zurück und bauen unser Zelt auf. Da wir so früh da sind ist fast alles frei und wir erbeuten einen Platz direkt am Rand mit Blick auf den Fjord. Das Wetter ist zwar nicht das Beste, aber wir machen uns nichts draus, weil wir ja 4 Bombentage hinter uns haben. Es ist derzeit bewölkt und recht windig. Dabei ist der Wind empfindlich kalt. Um uns herum füllen sich die Plätze und wir beginnen um 17h nach einer ausgiebigen Dusche mit dem obligatorischen Dientagsgrillen mit den Beacon-Pølsern und dem Pepperoni-Kartoffelsalat welchen wir kurz vorher erstanden haben. Datt issen Traum...
Rognan ist ein kleines Dorf, jedoch landesweit durch eine eigene Fernsehshow bekannt.
Ein Fischerboot in Rognan
Im Museum in Rognan kann man eine alte Zahnarztpraxis besichtigen.
Wir sind uns ziemlich schnell einig, dass wir zu der damaligen Zeit nicht zum Zahnarzt gegangen wären.
Nach dem zünftigen Mahl ruhen wir ein paar Minuten und gehen dann zum Abspülen in die dafür vorgesehenen Lokalitäten. Der Campingplatz ist wie gesagt sehr schön gelegen, nur sind die Sanitären Anlagen zu knapp bemessen. Hier hatte der ADAC-Campingführer schon gewarnt, aber man muss es ja selbst erleben J Mehr zu den Campingplätzen findet man in der Campingplatzbewertung.


Nach dem Abspülen verlassen wir den Platz um noch mal in die Stadt – Mist, das Dorf zurückzufahren und die wichtigsten Dinge für Morgen einzukaufen. Andi ersteht dabei eine bunt gestreifte Kuscheldecke und der Rest der Mannschaft ein paar Eier und Speck. Morgen wird vernünftig gefrühstückt. OHNE KAMPFFLUGZEUGE. Und wenn doch: Andi baut gerade die mitgebrachte Flak auf. Auf der Rückfahrt fragen wir uns noch, was Rognan für eine seltsame Kampagne organisiert hat. Der Leitspruch ist offenbar. „Alt for Rognan“ was soviel heißt wie, sie haben es bereits erraten: „Alle für Rognan.“ Der Spruch ist garniert mit Standbildern von offenbar Bürgern des Ortes in seltsamen Posen und Situationen. Unsere Spekulationen reichen von „Abriss der Stadt“, bis „Bewerbung um die olympischen Winterspiel 2094“. Bei Zeiten werden wir die nette Dame an der Rezeption zu diesem Thema befragen. Gleich ist erstmal Bim Jeam (Name geändert) – Zeit. Später also mehr. Ha det!
Der ruhige Platz in Rognan. Links nicht im Bild ist der Fjord.
Hier ist der Fjord zu sehen. Im Vordergrund unsere neue Stromversorgung. Im schicken Leuchtorange.
Anmerkung der Redaktion:

Es handelte sich bei Alt for Rognan um eine Fernseh-Sendung in der das Leben von verschiedenen Rognaner Bürger dokumentiert wird. Anlass war der übermäßige Weggang der Leute in größere Städte.